Barrierefreies E-Learning: Wie Sie Aus- und Weiterbildungen für alle zugänglich machen

E-Learning ist ein wichtiges Thema, nicht zuletzt seit der COVID-19-Pandemie. Doch oft können Menschen mit Behinderungen nicht ohne Weiteres an digitalen Trainings, Schulungen oder Onboardings teilnehmen, da diese nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. In diesem Beitrag klären wir, was es bei der Gestaltung von barrierefreien E-Learnings zu beachten gilt – an einem Best Practice-Projekt von SmartXplain.

Was ist barrierefreies E-Learning?

Hört man den Begriff „Barrierefreiheit“ denken viele zunächst an Menschen mit Bewegungseinschränkungen, die von Gebäuden mit Rampen, Fahrstühlen oder bodentiefen Eingängen profitieren. Doch müssen – nicht zuletzt im digitalen Bereich – mehr als nur körperlich eingeschränkte Menschen bedacht werden. Im Kontext des digitalen Lernens bedeutet Barrierefreiheit, Inhalte so zu gestalten, dass Menschen mit Bewegungs- sowie Seh-, Hör- und Lerneinschränkungen genauso an E-Learning-Kursen teilnehmen können wie alle anderen Nutzer. Digitale Lerninhalte, die als Video, Audio, Text (auf Websites im HTML-Format) oder PDF ausgegeben werden, sollen so für alle Menschen nutzbar gemacht werden – unabhängig von Alter, Fähigkeit oder Situation.

Barrierefreies E-Learning für Sehbehinderte – ein Best Practice

Laut REHADAT leben in Deutschland insgesamt 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen – davon haben 4 Prozent eine Sehbehinderung. Doch gehören hierzu nicht nur blinde Menschen, sondern auch Menschen mit Seheinschränkungen oder einer Rot-Grün-Schwäche. Texte, Bilder und Grafiken, die auch für die Navigation in E-Learnings wichtig sind, sind deshalb für eine nicht kleine Personengruppe gar nicht oder nur schlecht lesbar. Diese Elemente für sehbehinderte Menschen „erlebbar“ zu machen, hatte eines unserer letzten Projekte zum Ziel: Gemeinsam mit der Interlake GmbH gestalteten wir eine barrierefreie Lernumgebung für einen sehbehinderten Mitarbeiter eines Kunden. Bei Interlake handelt es sich um einen zertifizierten Trainingsanbieter und dem offiziellen Articulate-Partner im deutschsprachigen Raum. Mit dem Anspruch, den digitalen Wandel für jeden Menschen im Unternehmen selbstverständlich zu machen, arbeitet Interlake mit den Tools von Articulate, darunter mit der neuen Plattform Rise.com. So haben sie die perfekten Tools zur Hand, qualitativ hochwertige E-Learning-Kurse zu erstellen die multimedial und interaktiv zu mehr Engagement im Lernprozess beitragen. Mit dem umfangreichen Know How der Interlake konnten wir dem Kunden nicht nur Tools, sondern auch Guidance im Umgang mit dem E-Learning-Angebot bieten. Denn nur mit einem ganzheitlichen Ansatz wie diesem kann die Digitalisierung im Unternehmen wirklich umgesetzt, angewendet und gelebt werden. Um es mit den Worten Interlakes auszudrücken: Digitales Lernen bildet eine wichtige Säule bei der Erreichung einer Vision!

Von Templates zur Anwendung: Mit Interlake zum barrierefreien E-Learning

An dem folgenden Best Practice zeigen wir Ihnen, wie wir gemeinsam mit Interlake bei der Gestaltung des barrierefreien E-Learnings vorgegangen sind:

  • Template-Entwicklung: E-Learnings leben vom Visuellen, weshalb alle Text- und Bildelemente für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen ins Auditive übertragen werden. Dabei ist die Kompatibilität mit sogenannten Screenplayern bzw. Screenreadern zu berücksichtigen, mit denen sich sehbehinderte Menschen sämtliche Texte und Videos aus- bzw. vorlesen lassen können. Für unser Projekt entwickelten wir grundsätzliche, toolunabhängige Prinzipien zur Barrierefreiheit – unter anderem zu optimierten Darstellungen von Texten und Grafiken hinsichtlich des Kontrastes, der Farben und der Farbenfehlsichtigkeit. Bereits in der Designphase sollten diese Aspekte berücksichtigt und auf bestimmte oder gängige Screenreader abgestimmt werden.
  • Template-Optimierung: Gibt es bereits ein E-Learning, das nachträglich barrierefrei gestaltet werden soll, gilt es, die vorhandenen Templates im Hinblick auf die Barrierefreiheit zu optimieren. In unserem Projekt fügten wir alternative Texte, die von Screenreadern ausgelesen werden, zu den Folienobjekten hinzu. Außerdem passten wir die Reihenfolge, die vom Screenplayer nacheinander vorgelesen werden sollte, an. Neben weiteren Anpassungen optimierten wir auch die Player-Schriftgröße. Für Menschen mit Sehschwächen ist es hilfreich, wenn neben Schriftgrößen auch Kontraste und Farben veränderbar sind, damit Inhalte leserlicher sind.

Guidelines für Barrierefreiheit: Nach der barrierefreien Gestaltung des E-Learnings erstellten wir für den Kunden ein Handbuch, in dem sich auch Ergänzungen zu den genannten Einstellungen und Optimierungen befinden. Dazu gehört unter anderem der alternative Einsatz von Elementen, die für Menschen mit Sehbehinderungen besser bedienbar sind – beispielsweise Quizfragentypen oder Hover-Zustände. Mit diesen Guidelines ist es dem Kunden möglich, auf technischer Grundlage das E-Learning-Angebot weiter zu gestalten und noch besser auf die individuellen Bedürfnisse des Mitarbeiters abzustimmen.

Barrierefreie Lerninhalte für alle

Von barrierefrei gestalteten E-Learnings profitieren nicht nur Menschen mit einer Sehbehinderung. In digitalen Lernangeboten können neben Text- auch Audio- und Videoinhalte eine Hürde darstellen. Für die Barrierefreiheit ist es wichtig, auch an drei weitere Personengruppen zu denken:

  • Menschen mit einer Hörschädigung: E-Learning-Kurse bestehen neben Texten, auch aus Video- und Audioinhalten, die für gehörlose oder hörgeschädigte Menschen oft nicht nutzbar sind. Bei der Gestaltung Ihres barrierefreien E-Learnings können Sie unter anderem daran denken, Untertitel einzubinden und Skripte bereitzustellen, damit Menschen mit einer Hörschädigung keine Inhalte verpassen. Denkbar ist auch, Audiodeskriptionen zu erstellen oder Erklärvideos und Tutorials in Gebärdensprache übersetzen zu lassen.
  • Menschen mit einer anderen körperlichen Behinderung: Für ein barrierefreies E-Learning sollten alle optischen Elemente ohne Hürden gestaltet sein. Denn auch Aufgaben, bei denen die Nutzer über bestimmte Elemente mit der Maus fahren („hovern“) oder diese per Drag and Drop verschieben sollen, können eine Herausforderung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen darstellen. Damit sie allerdings uneingeschränkt digital lernen können, sollten Sie bereits beim Kursdesign bzw. bei der Entwicklung der Templates auf bedienfreundliche Elemente achten. Hierfür können zum Beispiel andere Schriftarten und Kontraste eingesetzt werden.
  • Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Menschen mit einer anderen Muttersprache: Auch Menschen, für die die Sprache des Kurses eine Fremdsprache ist, profitieren von barrierefrei gestalteten E-Learnings. Für sie, sowie für Personen mit einer geistigen Behinderung, sind neben einfacher Sprache und verschiedenen Schriftgrößen auch Untertitel eine enorme Hilfestellung. Beim Kursdesign könnten Sie auch in Erwägung ziehen, eine verkürzte oder vereinfachte Version des E-Learnings oder spezielle Skripte in einfacher Sprache anzubieten.

So unterschiedlich die Bedürfnisse der Nutzer sind, so unterschiedlich sind auch die Ansprüche an die verschiedenen Content-Formate, die in E-Learnings zum Einsatz kommen können. Weitere Prinzipien, Richtlinien und Techniken, die sich größtenteils auch auf das Design von E-Learnings übertragen lassen, finden Sie im WCAG, den Web Content Accessibility Guidelines.

Von barrierefreien Lerninhalten profitieren alle Lernenden

Für die Gestaltung von barrierefreien E-Learnings gibt es gute Gründe. Neben der Tatsache, dass es in vielen Ländern gesetzliche Vorgaben zur Barrierefreiheit (insbesondere im Web) gibt, steht die Usability des E-Learnings im Vordergrund. Eine übersichtlichere Navigation, kontrastreichere Farben oder ein responsives Design für Mobilgeräte: Barrierefrei gestaltete Lerninhalte machen nicht nur Lernenden mit Behinderungen den Umgang mit Ihrem E-Learning leichter. Auch die Lernerfahrung der übrigen Kursteilnehmer wird verbessert, da das E-Learning insgesamt benutzerfreundlicher gestaltet ist.

In diesem Beitrag haben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Stellschrauben des barrierefreien E-Learnings gegeben. Wollen auch Sie Ihre digitalen Lerninhalte barrierefrei gestalten, stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite!